Poesie und Empörung


"Gedichte haben den Vorteil, dass sie durch Gehirn und Mund gehen, sie bewohnen einen mehr als ein bloßes Bild oder die Erinnerung an eine Musik. "

Stéphane Hessel (1917-2013) war überzeugt, dass die schlimmste aller Haltungen die Gleichgültigkeit sei und überhaupt habe es im langen Leben des französischen Diplomaten und Resistance-Kämpfers nie an Anlässen gefehlt, sich zu empören. Noch mit 93 Jahren schrieb er ein Heftchen mit dem Titel „Empört euch!“, dessen Europa-Auflage sich schnell der Millionengrenze näherte. Hessels ungewöhnliche und sehr persönliche Biografie mit 88 klassischen Gedichten aus der französischen, englischen und deutschen Literatur, die er, ums Überleben willen auswendig gelernt hatte, inspirierte Manfred Kerklau zu diesem spartenübergreifenden Projekt. Das 8köpfige intergenerative Ensemble (zw. 20-80 Jahren) ist auf Tuchfühlung gegangen mit der essenziellen Eigenschaft des Menschen, der Fähigkeit sich zu empören und dem Engagement, das daraus folgen kann. Die Inszenierung bewegt sich im Spannungsfeld von Empörungspotenzial am Beispiel historischer und aktueller Strömungen und untersucht, ob die Kunst Kraftquelle sein kann für verändertes politisches Handeln und welchen individuellen Umgang es gibt mit handfesten Gründen für Aufbegehren gegen Ungleichheit, Finanzkapital und Fremdenhass. Entstanden ist ein komplexes künstlerisches Geflecht mit einer Textur aus biografischen Splittern Hessels, Fragmenten von Shakespeare bis Jellinek, Munchs Schrei, Agit-Prop und leisen, nahezu zärtlichen Momenten. Empörung, an sich zeit- und geschlechtslos, bekommt mit dieser Arbeit ein packendes Gesicht, welches uns verwirrt und anzieht. Liebe auf den ersten Blick.

„Am Ende bleibt der Schluss.“ – D.N.

Regie: Manfred Kerklau
Choreographie: Annelise Soglio (I)
Akteure:  Bernhard Heinrich, Katrin Heinrich,Nele Koops, Andreas Ladwig, Denis Neumann,
Christa Reissmann, Linda Simm
Kunst: Jan Enste (JaePas)
Bühne: Karin Sander
Kostüme: Bettina Zumdick
Licht: Volker Sippel
Assistenz: Lejla Aliev
PR. Rita Roring
Grafik: Verena Blom
Fotos: Peter Leßmann


Info

Unterstützt von:

  • Kulturamt der Stadt Münster
  • vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen
  • LAG Soziokulturelle Zentren NW e.V.
  • Fonds Darstellende Künste e.V.
  • Koproduktion mit dem Theater im Pumpenhaus

Empfehlungen:

  • Die Inszenierung lässt nicht nur in zahlreichen Rezitationen (in deutscher, englischer und französischer Sprache) die Kraft poetischer Texte spüren, sie beschwört nicht nur ihre Wirkung in dunklen Stunden, nein, sie zeigt auch die Schwäche, Ratlosigkeit und Hilflosigkeit des Menschen in Zeiten großer Herausforderungen. Die meisten von uns sind eben keine Helden, Reformer und Vorbilder. Wir zögern, haben Einwände und drücken uns nicht selten, wenn man von uns den persönlichen Einsatz verlangt. In der Szenenfolge „Poesie und Empörung“ gelingen zwingende Bilder, die den Zuschauer lange begleiten werden. (Johannes Klinger, Musenblätter)